Appel an die Rechtskommission des Nationalrats

Morgen Donnerstag berät die Rechtskommission des Nationalrats das neue Sexualstrafrecht. Vorgesehen sind Geldstrafen für Sexualverbrechen bis und mit Vergewaltigung. Für das Komitee «Keine Geldstrafen für Vergewaltiger», das sich aus Exponentinnen und Exponenten verschiedener politischer Parteien und Frauenrechtsorganisationen zusammensetzt, ist das inakzeptabel. Es appelliert an die Mitglieder der Kommission: Führen Sie angemessene Mindeststrafen ein!

Gerechtigkeit für die Opfer
Sexualverbrechen wiegen für die Opfer ausserordentlich schwer. Wie 2018 sogar der Bundesrat betonte, leiden viele Opfer ihr ganzes Leben lang an den Taten. Deswegen können für Sexualverbrechen Geldstrafen auch bei leichtem Täterverschulden nie angemessen sein. Rosmarie Quadranti-Stahel, Präsidentin Zürcher Frauenzentrale: «Geldstrafen für Sexualverbrechen bedeuten ein völliges Missverhältnis zwischen Unrechts- und Strafschwere. Viele Opfer würden vor Gericht ein zweites Mal Unrecht erfahren.» Zudem widersprechen die zu tiefen Mindeststrafen auch den Zielen, die mit der Gesetzesrevision angestrebt werden. Sonja Rueff-Frenkel, Kantonsrätin FDP (ZH) und Vizepräsidentin Zürcher Frauenzentrale: «Mit dem neuen Sexualstrafrecht sollen endlich die Opfer besser geschützt werden. Das ist aber kaum möglich, wenn man sogar eine Vergewaltigung mit dem Portemonnaie abgelten kann.»

Keine Bagatellisierung von Sexualverbrechen
Gemäss der Vorlage des Ständerates hätte selbst die Vergewaltigung die gleiche Mindeststrafe wie ein einfacher Ladendiebstahl. Damit würde der Gesetzgeber ein fatales Signal aussenden: nämlich, dass Sexualverbrechen Bagatell- oder gar Kavaliersdelikte sein können. Fabio Regazzi, Nationalrat Die Mitte (TI): «Gleiche Mindeststrafen für Ladendiebe und Vergewaltiger widersprechen den Grundwerten einer aufgeklärten Gesellschaft.»

Kein Schweizer «Safe Space» für Sexualstraftäter
Nirgendwo sonst in der westlichen Welt sind Geldstrafen bei sämtlichen Delikten gegen die sexuelle Integrität möglich. Vielmehr sind für Sexualverbrechen mehrmonatige bis mehrjährige Mindeststrafen üblich. Andrea Geissbühler, Nationalrätin SVP (BE): «Sexualverbrechen sind in der Schweiz nicht weniger schlimm als zum Beispiel in Deutschland. Es gibt keinen Grund, die Täter hier viel sanfter anzufassen als dort.»

Mindestanforderungen erfüllen
Vor diesem Hintergrund ist es unerlässlich, dass die Rechtskommission des Nationalrates Korrekturen vornimmt. Giuseppe Gracia, Kommunikationsberater und Schriftsteller: «Dass Vergewaltiger nicht mit Geldstrafen davonkommen, ist das Mindeste, wofür ein modernes Sexualstrafrecht sorgen muss.»
Entsprechend appelliert das Komitee «Keine Geldstrafen für Vergewaltiger» in einem Schreiben an die Mitglieder der Kommission:

  • Verunmöglichen Sie Geldstrafen für Verurteilungen nach Art. 189 Abs. 2 und Art. 190-191 StGB.

  • Führen Sie eine Mindeststrafe von einem Jahr ein für Verurteilungen nach Art. 190 StGB sowie nach Art. 191 StGB, falls der Täter den Beischlaf oder eine beischlafähnliche Handlung vollzieht, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden ist.

  • Verunmöglichen Sie Bewährungsstrafen für Verurteilungen nach Art. 189 Abs. 3 StGB sowie teilbedingt ausgesprochene Strafen für Verurteilungen nach Art. 190 Abs. 3 StGB.

Komitee «Keine Geldstrafen für Vergewaltiger!»
8000 Zürich