Q&A

Was Sexualstraftaten für die Opfer bedeuten

In der wissenschaftlichen Forschung ist erwiesen: Insbesondere die psychischen Folgen von Delikten gegen die sexuelle Integrität wiegen für die Opfer ausserordentlich schwer — gerade auch im Vergleich zu den Folgen von anderen Delikten gegen Leib und Leben. Das gilt auch für Delikte, bei denen der Täter nicht nötigen muss, weil das Opfer in eine Schockstarre (sogenanntes «freezing») verfällt. Zu den häufigen Folgen für die Opfer zählen neben emotionalen Traumata auch Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen. Diese sind mit einer verminderten Fähigkeit zur Risikowahrnehmung und -einschätzung verbunden, weswegen eine erste Viktimisierung mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu Folgeviktimisierungen führt. Ausserdem zieht die Anzeige eines Sexualdeliktes wesentlich einschneidendere Risiken und psychische Belastungen nach sich als die Anzeige anderer Delikte. Vor diesem Hintergrund hielt der Bundesrat im Zusammenhang mit der Revision des Sexualstrafrechts auch explizit fest: «Opfer von sexueller Gewalt leiden oftmals massiv und über lange Zeit – allenfalls ihr Leben lang – unter den physischen und psychischen Folgen der Tat.»

 

Die Pseudo-Argumente der
Geldstrafen-Fraktion

«Die Verschärfungen würden den richterlichen Handlungsspielraum zu fest einschränken.»

  • Wenn das Gesetz die Möglichkeit der Geldstrafe vorsieht, dann müssen die Richterinnen und Richter diese Möglichkeit auch nutzen, wenn das Verschulden des Täters vergleichsweise leicht ist. Wenn man die Möglichkeit der Geldstrafe nicht streicht, dann werden die Gerichte auch regelmässig Geldstrafen verhängen.

«Die Verschärfungen gehen zu weit. Die Strafrahmen müssen immer auch den leichtesten Fall miteinberechnen.»

  • Sexuelle Nötigung, Missbrauch einer urteilsunfähigen oder zum Widerstand unfähigen Person und Vergewaltigung sind alles Verbrechen. Sie sind für die Opfer ausserordentlich schwerwiegend. Für solche Taten sind Geldstrafen nie angemessen, auch im leichtesten Fall nicht. 

«Wenn man zu hohe Mindeststrafen setzt, dann könnten Richter, die diese Strafen als zu schwer erachten, die Täter nicht mehr oder nur wegen eines geringeren Deliktes verurteilen. Das wäre kontraproduktiv.»

  • Parlamentarier, die so argumentieren, wollen sich aus der Verantwortung ziehen. Die Aufgabe der Richter ist es, das Gesetz so anzuwenden, wie es das Parlament beschlossen hat. Tun das die Richter nicht, ist gegen sie vorzugehen — und sicher nicht das Gesetz in ihrem Sinne anzupassen.

«Geldstrafen sind nicht milder als Freiheitsstrafen. Beide Strafformen sind
einander gleichgestellt.»

  • Für Mord dürfen keine Geldstrafen verhängt werden, für Falschparkieren keine Freiheitsstrafen. Das ist nicht so, weil die beiden Strafformen gleichwertig sind.

«Die Gerichte können schon heute Freiheitstrafen verhängen. Die Verschärfungen sind unnötig.»

  • Die Gerichte können es, aber müssen es nicht. Das ist zu ändern. Es darf nicht sein, dass sogar Vergewaltiger mit Geldstrafen davonkommen können.

«Härtere Strafen bringen gar nichts in Bezug auf die Prävention.»

  • Erstens ist diese Aussage so pauschal nicht richtig. Und zweitens dient das Strafrecht in erster Linie dem Strafen. Die Opfer haben ein Anrecht auf Vergeltung. Geldstrafen sind keine gerechte Vergeltung für Sexualverbrechen.

«Mindeststrafen können Opfer davon abhalten, Anzeige zu erstatten, besonders, wenn sie wirtschaftlich vom Täter abhängig sind.»

  • Es gibt keinerlei Belege dafür, dass diese Behauptung zutrifft. Mehr noch: Sie ist offensichtlicher Unsinn. Opfer, die nicht wollen, dass der Täter bestraft wird, erstatten keine Anzeige. Und für Opfer, die eine Bestrafung wollen, sind Geldstrafen ein Schlag ins Gesicht.

«Das liberale Strafrecht in der Schweiz hat sich bewährt.»

  • Die Frage ist, für wen es sich bewährt hat. Für Sexualstraftäter bestimmt. Für die Opfer nicht. Es gibt keinen Grund dafür, in der Schweiz Sexualstraftäter ungleich milder zu bestrafen als in den meisten westlichen Ländern. Geldstrafen für Vergewaltiger machen aus Sexualverbrechen Kavaliersdelikte. Das widerspricht allem, wofür die moderne, aufgeklärte Schweiz steht. 

«Eine Moralisierung des Sexualstrafrechtes ist zu verhindern.»

  • Jedes Gesetz ist Ausdruck von Moralvorstellungen. Geldstrafen für Vergewaltiger sind Ausdruck der Werthaltung, selbst schwere Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung seien nicht grundsätzlich schlimmer als Eigentumsdelikte im Bagatellbereich. Diese Werthaltung lehnen wir dezidiert ab. 

«Die Verschärfungen würden ein Missverhältnis zu den Strafrahmen für andere Delikte schaffen.»

  • Die Frage ist, ob in der Schweiz verurteilte Sexualverbrecher mit Geldstrafen davonkommen sollen können oder nicht. Die Antwort lautet Nein – unabhängig davon, welche Strafen für welche anderen Delikte vorgesehen sind.

Komitee «Keine Geldstrafen für Vergewaltiger!»
8000 Zürich